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3. DAS ÜBERRASCHENDE

Das überraschendste Erlebnis und Gefühl, das ich bei diesen Gesprächen hatte, war, und dies
hängt sicherlich damit zusammen, dass es sich um junge Menschen handelte, dass eine
unglaubliche Frische und Hoffnungsfreude, auch Lebenslust zu spüren ist, die mein eigenes
Gefühl in bezug auf Ausländer in Wien in einen völlig anderen Rahmen setzte.

Oft mußte ich mir selbst eingestehen, dass meine eigenen Ängste vor Dummheit, Nicht-Wissen
und Unkultur, ich sehr geneigt bin auf Zuwanderer zu projizieren, ich mir sehr oft denke was
denn wohl mit unserer Kultur, unseren Theatern, unserer Musik werden wird. Oft hatte ich
sogar dieses Gefühl defensiv mit dem Rücken an der Wand zu sein und zu überlegen wieviel
Integration möglich ist.

Diese Frische und Lebenslust der Jugendlichen der unterschiedlichsten Farben und Nationen
aber traten in einem Kontrast zu meinem eigenen Selbstbewußtsein als Österreicher, welches
mit den Traumatisierungen der eigenen Geschichte belastet ist, die nicht und nicht
aufgearbeitet werden können: dem Trauma des und darauf folgend dem Trauma der
Katastrophe des Nationalsozialismus und der Progrome, von denen immer wieder Leuchtfeuer
am Horizont aufflackern. Dieser ganzen Schwere und Düsternis der eigenen Erbschaft steht
plötzlich eine unglaubliche Vielfalt verschiedenster Farben, Hintergründe und Kulturen gegenüber.

Aufgrund dieser Interviews und Gespräche mit den Jugendlichen hatte ich das Gefühl zuzulassen
und neugierig zu sein, was hier entsteht.

Es ist als ob durch diese Gespräche an Stelle meiner Abwehr Neugier nach einer neuen Zukunft
getreten ist.

4. DIE VERSCHIEDENARTIGKEIT
DER HERKUNFT

Die befragten Jugendlichen stammten nicht nur aus höchst unterschiedlichen Regionen Afrikas,
manche sind in Österreich geboren und waren überhaupt noch nie in Afrika, andere kommen
direkt aus Kriegsgebieten. Diese Breite schlägt sich auch in den Aussagen nieder.